Steve Blame: „Der Titel meines Buches ist total schrecklich“

Steve Blame

Steve Blame: „Der Titel meines Buches ist total schrecklich“

Steve Blame, der frühere MTV-Moderator, geht in seinem aktuellen Buch den Wunden der MusikerInnen nach. Im Interview erzählt er unter anderem über das Experiment Self-Publishing.

 

 

Steve, dein zweites Buch „Emotionale Vaseline“ ist im Self-Publishing-Verfahren entstanden und erschienen. Warum?

Steve Blame: Mein zweites Werk selbst herauszubringen, war ein Experiment. Ich hatte das Gefühl, dass der Verlag, bei dem mein erstes Buch „Getting Lost is Part of the Journey“ erschienen ist, nicht so viel für den Verkauf getan hat. Deshalb hatte ich die Idee des Self Publishing. Inzwischen sage ich aber, dass ich beide Seiten kenne: Beim Self Publishing kann man zwar viel mehr selbst machen, und ich bin ein Typ, der gern möglichst viel selbst bestimmen und tun will. Doch auf der anderen Seite gab es Probleme, die mich vom Hauptziel abgebracht haben.

Noch bevor „Emotionale Vaseline“ veröffentlicht war, kam ein Verlag auf mich zu mit dem Angebot, es zu veröffentlichen. Ich wollte das Self Publishing aber trotzdem durchziehen. Die Wiederauflage erscheint nun zur Frankfurter Buchmesse, die im Oktober stattfindet.

Wie ist der Verlag auf dich gekommen?

Steve Blame: Bei meiner Lesetour wurde ich angesprochen. Der Gonzo-Verlag ist ein kleinerer Verlag, bei dem viel zum Thema Popkultur erscheint. Das passt gut.

Was ist „emotionale Vaseline“?

Steve Blame: Ich habe inzwischen festgestellt, dass der Titel total schrecklich ist. (lacht) In meiner Kindheit war Vaseline ein Heilmittel. Die Idee dahinter war, dass man als Kind schlimme Ereignisse in der Psyche speichert, allerdings in einer anderen, indirekteren Form. Diese wird dann zu einem Schutzfaktor, zu einer Kompensation dafür, was passiert ist – wie ein Heilmittel.

Das ist die Idee des Buches: Jeder Künstler hat etwas in der Vergangenheit erlebt, das ihn so geprägt hat, dass es wie ein Treibstoff für seine Karriere war. Die Verbindung zu dieser Vaseline kommt in der künstlerischen Arbeit zustande.

Kannst du ein Beispiel geben?

Steve Blame: Ich bin der Meinung, dass Tina Turner fast ihr ganzes Leben lang nach Liebe gesucht hat. In ihrer Autobiografie, die Mitte der 80er Jahre erschien, schrieb sie, dass sie bislang keine Liebe von ihren Eltern und auch nicht von einem Mann erfahren habe. Das hat mir die Augen geöffnet. Sie war damals immerhin schon Mitte 40! Ich habe die Verbindung zu ihrem großen Solo-Hit „What’s love got to do with it“ hergestellt. Denn Liebe hat mit allem zu tun.

Das hat Tina Turner mit vielen bekannten Menschen gemein: Sie wollen geliebt werden, auch von der Öffentlichkeit und ihren Fans. Das ist eine Kompensation für die Kindheit der Stars, in der ihnen keine oder zu wenig Liebe entgegengebracht wurde.

Bei Elton John war es ähnlich. Er hat seinen Vater kaum gekannt, weil dieser im Irak stationiert war. Nachdem er nach England zurückgekehrt war, lernte er eine andere Frau kennen und bekam mit ihr vier weitere Kinder innerhalb von vier Jahren. Der kleine Elton musste damit klarkommen, dass er kein Einzelkind mehr war und dass sein Vater eine neue Familie hatte. Auch er war von Kindheit an auf der Suche nach Aufmerksamkeit, was zum Treibstoff für sein künstlerisches Schaffen wurde. Zu Elton Johns Geschichte kann ich mich selbst gut verbinden, da auch ich eine komplizierte Geschichte mit meinem Vater habe.

Auf welche Weise spiegeln sich Elton Johns Kindheitserfahrungen in seinen Liedern wider?

Steve Blame: Elton Johns bekannteste Songs haben diese Heile-Welt-Atmosphäre. Das ist die Kompensation dafür, dass er in der Kindheit nicht glücklich war.

Steve Blames zweites Buch „Emotionale Vaseline – Wie Popstars ihre offenen Wunden in Treibstoff für Kreativität umwandeln“ ist als Taschenbuch bei amazon* erhältlich (Klick aufs Cover):

 

 

 

 

Interview: Inga Beißwänger 

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